DER PIONIER

Radsportler, Abenteurer und Visionär

Die Geschichte des Mountainbike-Pioniers Wolfgang Renner beginnt Anfang der Sechziger. Um die 36 Mark für die Monatskarte zu sparen, fährt er, statt mit dem Zug, mit seinem zwanzig Kilo schweren „Vaterland-Rad“ nach Stuttgart, wo er eine Ausbildung zum Elektromechaniker absolviert. Siebzig Kilometer täglich, bei jedem Wetter. Abends trainiert er mit Zwillingsbruder Jürgen Kunstrad-Akrobatik – eine vom Vater geerbte Leidenschaft. Als Renner aus einer Laune heraus bei einem Cross-Rennen startet und Zweiter wird, nimmt sein Leben eine plötzliche Wende.

0002 DIE LIZENZ ZUM RADFAHREN

Nein, keine „Lizenz zum Töten“, aber eine Nummer, die später für sportlichen Erfolg stehen wird. Mit der Lizenznummer 0002 des Bundes Deutscher Radfahrer e.V. (BDR) manifestiert Wolfgang Renner seine Wettkampfambitionen und ebnet den offiziellen Weg für eine äußerst erfolgreiche Radsportkarriere im Querfeldeinsport – heute besser bekannt als „Cyclocross“. Sehr zum Missfallen des Vaters, der die Zukunft des Sohnes im „edlen Hallensport“ Kunstradfahren sieht.

Doch der Erfolg und die internationalen Rennen, die ihn unter anderem nach Italien, Frankreich und Spanien, in die Schweiz sowie in die BeNeLux-Länder führen, locken Wolfgang Renner mehr. Schnell ist die Qualifikation für die höchste Amateurklasse geschafft und Renner kann es langsam mit den namhaften Fahrern der Szene aufnehmen. Mit 21 Jahren wird er erstmals Deutscher Meister. Ein Kunststück, das er in den beiden Folgejahren wiederholt. Mit zwei Plattfüßen verpasst er im Jahr 1972 mit Rang drei nur knapp den WM-Titel. 

BERUF, KARRIERE UND VISIONEN

Nach dem verletzungsbedingten Ende der Rennkarriere, gründet Renner 1976 CENTURION, um seine Leidenschaft für den Radsport und das Radfahren auch weiterhin mit voller Begeisterung auszuleben. Gleichzeitig wird er Mitarbeiter des frisch gegründeten TOUR-Magazins. Schnell beweist er ein feines Gespür für Trends und Innovationen. 1979 holt er den BMX-Sport nach Deutschland, 1982 baut es das erste sportlich einsetzbare Mountainbike – das Country – und 1984 − mit dem Accordo GT − das erste Trekkingrad. 

1986/87 folgt ein Exklusiv-Vertrag mit Eddy Merckx über den Import der Rennmaschinen des als „Kannibalen“ bekannten Radsport-Weltstars. 1989 unterstützt CENTURION das Team Stuttgart − Vorläufer des späteren Teams Telekom − mit Rennrädern.  Das stetige Wachstum der Marke CENTURION wird im Jahr 1986 mit einem Neubau in Magstadt weiter gefestigt. Aufgrund von Platzmangel muss das Gebäude in den Jahren 1992 und 1995 zweimal erweitert werden.   

Mit dem Erfolgsmodell No Pogo, das im Jahr 1996 vom Fachmagazin BIKE zum „Bike des Jahres“ gekürt wird, setzt CENTURION in Sachen Technik und Design neue Maßstäbe. Das Firmenmotto „Passion for Design, Perfection and Quality“ wird in puncto Entwicklung und Fertigung im Jahr 2000 durch das Joint-Venture mit MERIDA zukunftssicher ausgebaut. Mit innovativen Modellkonzepten wie dem E-Fire Country, einem Tiefeinsteiger mit MTB-Genen, oder der neuen, ganzheitlich durchdachten E-Bike Generation ist CENTURION auch aktuell am Puls der Zeit und überzeugt durch eine lange Tradition, herausragende Qualität und Liebe zum Detail.

REISEN, TESTS UND ABENTEUER

In frühen Jahren von Sammelbildern ferner Kontinente und Kulturen sowie Heinrich Harrers Buch „Sieben Jahre in Tibet“ fasziniert, ist die Sehnsucht nach noch unbekannten Ländern und neuen Erfahrungen stets ein fester Bestandteil von Wolfgang Renners Leben. Immer weiter ziehen sich die Kreise aus dem heimischen Magstadt. Mit der ersten Alpenüberquerung per Rennrad legt Renner den Grundstein für viele weitere Touren, die noch folgen sollten. 

Bereits Mitte der 70er, als das Reisen mit dem Rad noch echtes Abenteuer ist, erkundet er mit dem Rennrad Alpenpässe. Damals noch mit dünnen, geklebten Reifen auf ungesicherten geschotterten und kaum befahrbaren Naturstraßen unterwegs, lernte er hier die Berge lieben. Auf gemeinsamen Ausfahrten mit der Radsport-Legende Eddy Merckx und dessen „Kampftruppe“ erlebt Renner auf Korsika, in Südfrankreich, den Vogesen und der Toskana andersgeartete sportliche Herausforderungen.

Es folgen knochenharte Fernfahrten wie Trondheim-Oslo (1986) − 560 km in 14 Stunden und 30 Minuten − oder Recherchereisen für die TOUR zum Mont Chaberton, dem höchsten, auf Naturstraßen befahrbaren Berg Europas, an der Grenze zwischen Frankreich und Italien. Als zu extrem gestaltet sich eine erneute Reise für die TOUR. Aufgrund eines Kälterekords von -40 Grad und akuter Lebensgefahr muss das „Idita-Bike-Rennen“ in Alaska abgebrochen werden. Auch in puncto Radreisen strebt Renner immer hoch hinaus. Bestes Beispiel: Die erste Tibet-Tour über 1.100 km und vier Pässe jenseits der 4.000 m von Lhasa nach Kathmandu (1987), die ihn am Mount Everest und mehreren 8.000ern vorbeiführt.

„ES WAR DIE SCHOCKIERENDE NACKTHEIT DIESER LANDSCHAFT, DIE EINERSEITS SO BEDROHLICHE, ZUM ANDEREN UNENDLICH FASZINIERENDE RAUHEIT DES HIMALAYA, ES WAREN DIE ATEMLOSE HÖHE UND DAS WUNDER, DORT OBEN BITTERARME, SPIRITUELL ABER UNENDLICH REICHE MENSCHEN ZU TREFFEN, DIE MICH AN TIBET SOFORT FASZINIERTEN UND BIS HEUTE NICHT LOSLASSEN.“  WOLFGANG RENNER

Fernab der Radsport-Karriere sucht Renner immer wieder sportliche Herausforderungen. Die Befahrung aller hohen Berge Equadors, inklusive dem Cotopaxi (5.897 m), dem höchsten aktiven Vulkan der Welt, sowie die Bezwingung der Margherita- (5.109 m) und Alexandra-Spitze (5.091 m) im Ruwenzori-Gebirge gehören zu den eindrücklichsten. Nachdem Renner als einer der Ersten 1989 mit dem Mountainbike die Alpen überquerte, diente er für viele nachfolgende Generationen als Inspiration und Motivation zugleich. Mit einer erneuten Tibet-Tour im Jahre 1997, der Befahrung des Jakobswegs oder mit dem Race Across America (RAAM) fügte Wolfgang Renner seiner Vita noch etliche weitere Highlights hinzu. Die Sehnsucht, dem Alltag zu entrinnen und in die Ferne zu schweifen, packt Wolfgang Renner auch heute noch. 

MOUNTAIN BIKE HALL OF FAME

Im Jahr 2017 wurde Wolfgang Renner, aus Anerkennung für seine Verdienste und seinen unermüdlichen Einsatz als deutscher MTB-Pionier und Förderer der Radkultur, die besondere Ehre zuteil, in die MOUNTAIN BIKE HALL OF FAME aufgenommen zu werden. In der Begründung der Jury wurde Renners Engagement als Fahrradhersteller, Journalist, Renn-Organisator, Weltenbummler und Fotograf besonders herausgehoben und gewürdigt. Damit reiht er sich in eine illustre Liste an Legenden der MTB-Historie ein. Mit seiner Expertise und seiner Erfahrung ist Wolfgang Renner auch heute noch ein entscheidender Faktor und wichtiger Teil von CENTURION.

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