AUF GRAVEL-TOUR IM SCHWARZWALD
Ein Tourenbericht von Stephan Gerlach
Wieso in die Ferne schweifen, wenn das Gute so nah ist: Der Schwarzwald bietet optimale Bedingungen für ausgiebige Gravel-Touren, ganz ohne lange Anreise. Viel Natur, feine Wege und jede Menge spannender Sehenswürdigkeiten, die sich problemlos integrieren lassen. Mit etwas Planungsaufwand im Vorfeld wollte ich auf Nummer sicher gehen, dass ich die schönsten Highlights auf meiner Nord-Süd-Durchquerung in Richtung Freiburg nicht verpasse.
Um 7:45 Uhr starte ich vom Wanderparkplatz Gertelbach Wasserfälle, im beschaulichen Bühlertal, direkt in den ersten Anstieg in Richtung Hornisgrinde. Die bis zu 15-prozentige Steigung sorgt sofort dafür, dass mein Körper auf Betriebstemperatur kommt. Die moderate Geschwindigkeit bergauf eignet sich dabei bestens, um die Landschaft zu genießen und intensive Eindrücke zu sammeln.
Nach gut zwei Stunden erreiche ich den Dreifürstenstein (1151 m), der die Grenze zwischen der Markgrafschaft Baden, dem Herzogtum Württemberg und dem Fürstbistum Straßburg markiert. Als höchster Punkt Württembergs bietet er, neben einer beeindruckenden Aussicht, auch eine optimale Möglichkeit für die erste kleine Rast. Ich lasse mich auf der Buntsandsteinplatte nieder und genieße die wärmenden Sonnenstrahlen. Der Wetter-Gott meint es heute gut mit mir. Hier könnte ich ohne Weiteres den ganzen Tag verbringen. Da ich aber noch einige Kilometer vor mir habe, mache ich mich wieder auf den Weg. Schließlich wartet der erste Gipfel.
Ich schraube mich Umdrehung um Umdrehung über das Hochmoor empor. An der Kleinen Grinde vorbei, erreiche ich nach zweieinhalb Stunden die Hornisgrinde, den höchsten Punkt meiner Tour. Mit seinen 1164 Metern ist er zudem der höchste Gipfel des Nordschwarzwalds. Es wird Zeit die Speicher aufzufüllen. Die Grinde Hütte, ein modernes Restaurant mit Schwarzwälder Flair, bietet mit einer Vielzahl an Köstlichkeiten optimale Gelegenheit dafür. Auf einem Liegestuhl vor dem Hornisgrindeturm gönne ich mir ein paar Minuten Erholung, ehe ich mich gestärkt auf mein Rad schwinge.
Es wartet eine beschauliche Abfahrt mit feinstem Schwarzwald-Panorama auf mich. Würzige, frische Luft steigt mir in die Nase. Ich genieße den Blick auf den Mummelsee, der als einer der beliebtesten und meistbesuchten Seen in Baden-Württemberg gilt. Am Katzenkopf (1123 m) vorbei überquere ich in Seebach die Acher. Der unscheinbare Bach begleitet mich bis Ottenhöfen und sorgt für eine erfrischende Kühle. Dann biege ich links in den nächsten Anstieg Richtung Sohlberg ab.
Nach der knackigen Steigung bis zu 13 Prozent erreiche ich Sohlberg (673 m). Der 2020 dort eröffnete, überdachte Rastplatz bietet neben einer kurzen Erholung auch eine ganz besondere Stärkung: Ein „Probiererle“ am Schnapsbrunnen mit eigener Quellwasserkühlung setzt ungeahnte Kräfte frei. Beschwingt geht es in die Abfahrt nach Lautenbach, wo ich mich dem Flusslauf der Rench anschließe.
Auf gut ausgebauten Radwegen setze ich meine Tour durchs Renchtal fort. Kurz nach der Ortschaft Löcherberg biege ich rechts in den Anstieg zur gleichnamigen Erhebung ab. Auch hier warten wieder zweistellige Steigungsprozente auf mich. Den Rautschkopf (782 m) und den Täschenkopf (825 m) lasse ich rechts liegen und erreiche nach knapp vier Stunden den dritten Gipfel meiner Tour. Für eine kurze Stärkung bietet sich der Löcherberg Imbiss an. Ich fülle meine Wasserflaschen und stürze mich in die Abfahrt bis nach Steinach im Kinzigtal.
Beschauliche Ortschaften mit historischen Fachwerkhäusern, bewaldete Hügellandschaften und saftige Wiesen wechseln sich auf meinem Weg Richtung Freiburg ab. Genau richtig, um die Gedanken vom Alltag zu befreien. Ich durchquere Haslach im Kinzigtal und halte mich rechts in Richtung Mühlenbach. Erhaben über dem Marktstädtchen thront der Uhrenkopfturm, der beste Rundumsicht bietet. Der Anstieg am Rotebühl (590 m) ist der letzte meiner Route und kostet noch einmal gut Körner, die darauffolgende Abfahrt lässt die Anstrengungen jedoch schnell wieder in Vergessenheit geraten.
Nach der gemütlichen Abfahrt ins malerische Elztal bleibe ich der Elz treu und gehe die verbleibenden 30 km meiner Tour an. Nach fünfeinhalb Stunden habe ich gut 100 km und nahezu sämtliche Höhenmeter hinter mich gebracht. Meine Beine werden zunehmende müde, aber mein heutiges Ziel Freiburg rückt in greifbare Nähe.
Je näher ich der Universitätsstadt mit ihrem beeindruckenden Münster und den unzähligen Bike-Möglichkeiten komme, umso urbaner wird meine Route. Ich lasse Waldkirch und Gundelfingen hinter mir und rolle gut gelaunt meinem Ziel entgegen. Nach knapp sieben Stunden erreiche ich Freiburg. Erschöpft, aber glücklich. Um die müden Geister wieder zu beleben, gönne ich mir ein wohlschmeckendes Heißgetränk und lasse mir die Nachmittagssonne auf die salzige Haut scheinen. Schwarzwald, du hast mich nicht zum letzten Mal gesehen!